Band 139: Wie die Alten den Tod gebildet von Gotthold E. Lessing. Reihenvorstellung der Königs Erläuterungen
24. Februar 2016 10:57:57 CET
Reihenchronik Band-Nr. 139 (Blick ins Buch): Es handelt sich um Gotthold Ephraim Lessings Streitschrift „Wie die Alten den Tod gebildet“ (1769). Und ist bis heute das letzte Lessing-Werk das in unsere Reihe aufgenommen wurde.
Unser Autor Professor Dr. Ferdinand Hoffmann beschäftigt sich in unserer Erläuterung ausführlich mit der Entstehungsgeschichte und dem Umfeld zu Lessings Werk. Warum duellierte sich Lessing mit dem jüngeren Christian Adolph Klotz mehr als zwei Jahre lang? Der ehrgeizige Klotz, den Zeitgenossen des Nepotismus verdächtigten, wurde von der germanistischen Literaturgeschichtsschreibung eindeutig als moralisch und wissenschaftlich unterlegen geschildert. Die Sympathien erhielt hingegen Lessing, von dem wir auch die ästhetisch-philosophische Abhandlung mit dem Titel "Lakoon oder über die Grenzen der Malerei und Poesie" kennen. Auch dort war Lessing schon streitbar für seine Kunsttheorie.
Inhaltlich geht es in diesem Werk um die Frage, wie die Alten Griechen und Römer den Tod gebildet, also dargestellt haben: nach Homer als Zwillingsbruder des Schlafes, genauer: als Jüngling mit überkreuzten Beinen und Flügeln, Amor zum Verwechseln ähnlich. In der Hand halte er eine nach unten gerichtete verloschene Fackel. Zuweilen sei er zudem mit einem Kranz oder Schmetterling ausgestattet. Mit dem Kranz hätten die alten Griechen ihre Toten geehrt, der Schmetterling stehe für die Seele des Verstorbenen. Mehrere Kupferstiche belegen die These. Johann Joachim Winckelmann steht in den Diskussionen von Kunstwerken als Autorität im Raum.
Der zweite Teil der Abhandlung gilt den überlieferten Darstellungen von Gerippen und ihrer Bedeutung, wenn sie denn keine Darstellungen des Todes sein sollen. Von Interesse ist dabei, dass die antiken Griechen überhaupt den Leichnam für unrein erachtet hätten, und ihn in der Folge den Darstellungen entzogen.
Herder lobt im ersten Brief Lessings Arbeit, zumal sie uns angenehm sein müsse, da wir mit ihr einen neuen Blick auf den Tod als eine den Schrecken verlierende Gestalt bekommen hätten. Im zweiten Brief dekonstruiert er die einfache Ikonographie Lessings: Wir verfügen über Bilder, die ihr entsprechen, aber nachweislich, folgen wir antiken Quellen, nicht den Tod (sondern Amor) darstellen. Die Problemlösung ist eine Differenzierung.