Band 145 (II. Variante): Andorra von Max Frisch. Reihenvorstellung der Königs Erläuterungen
3. Mai 2016 17:11:19 CEST
Max Frisch sagte über Andorra: "Ich habe das Stück fünfmal geschrieben, bevor ich es aus der Hand gab." 1961 erschien das Drama, das ohne die "furchtbare Konsequenz, mit der die Nationalsozialisten die Judenverfolgung bis zum äußersten und letzten getrieben haben," nicht denkbar wäre. "Aber ist ist keineswegs eine bloße Umsetzung des Geschehenen in eine Form, die für die Bühne brauchbar ist. Es ist mehr. Es ist Deutung."
So zu lesen in unserer Erläuterung, die zu Beginn der 60er Jahre zusammen mit "Biedermann und die Brandstifter" erschien (heute Bandnummer 352) und die nach einigen Jahren getrennte Wege gingen und jeweils eine eigene Ausgabe erhielten.
Blick ins Buch - Band 145
Frischs Parabel über gesellschaftliche Zwänge, Rassismus und menschliche Feigheit ist auch heute noch Thema im Deutschunterricht - zurecht, wie wir meinen. Frischs Entwürfe über Identität und politischen Zusammenbruch sind beispielgebend: dem Titelhelden Andri wird seine jüdische Identität von den Andorranern so sehr eingebläut, dass er am Ende sogar der quasi »objektiven« Überprüfung durch den Judenschauer standhält und als Jude enttarnt wird. Die Andorraner haben sich ein Bildnis von Andri gemacht. Dieses Bildnis ist letztlich stärker als Andris wirkliche Identität und wird von ihm selbst verinnerlicht.
Jeder kann sich fragen, wo die eigene Wachsamkeit, der Beginn dieser Verwicklung, der Annahme des Schicksals und der eigene Standpunkt zur "Realität" einsetzen muss.
Linktipp: Andorra. Königs Erläuterungen. Band 145