Band 120/121: Ekkehard von Joseph Victor von Scheffel. Reihenvorstellung der Königs Erläuterungen
3. Dezember 2015 17:47:19 CET
"Es brauet kein Mann in Europa
Den Maitrank so würzig und gut:
Die anderen tappen im Finstern,
Der Historiker weiß, was er tut."
Nein, das ist kein PR-Gedicht auf eine der Bamberger Brauereien, die einen Seiteneinsteiger als Braumeister haben, es ist ein Zitat aus Viktor von Scheffels Werk "Ekkehard".
Wird es wohl ein Werk von Scheffel - immerhin angeblich der Lieblingsautor Otto von Bismarcks - jemals wieder in den Schulkanon schaffen? Scheffel, der Schöpfer des Frankenlieds und Pate unseres Werks "Der Trompeter von Säckingen", steht auch heute wieder auf unserem Chronikprogramm: „Blick ins Buch“: Bandnummer 120/121: "Ekkehard".
"Du, der mir die Seele mit Sonne,
die Kehle mit Maitrank durchglüht,
Oh Frühling, Du Herold der Wonne,
Viel tausendmal sei mir gegrüßt!"
"Der Historiker weiß, was er tut." - Literaturhistoriker auch, sagt unser Autor über das Werk Viktor von Scheffels:
"Aus diesen Worten klingt die heitere, zufriedene Gemütsstimmung wieder. (...). Ungehemmt ergießt sich auch in diesen Romane des Dichters Persönlichkeit wie eine treue und aufrichtige Offenbarung seines innersten Menschen, und das verleiht ihm eben den packenden Reiz der Unmittelbarkeit, den Zauber, den ein echter Dichter, der auch etwas zu offenbaren hat, ausübt. Der große Erfolg des "Ekkehard" ist vornehmlich darin zu suchen, daß Scheffel mit der geschichtlichen Treue nicht vergessen hat, das rein Menschliche in den Figuren des Romans" bestehen zu lassen.
Im Vordergrund des Romans stehen die unsteten Begehrlichkeiten einer wissensdurstigen Frau, der Herzogin Hadwig von Schwaben, die sich einen Lateinlehrer aus dem Kloster St. Gallen zur Unterhaltung auf ihre Burg Hohentwiel holt: Ekkehard. Der attraktive Mönchs Ekkehard verwandelt sich von einem fanatischen, klösterlichen Eiferer in einen zu spät entschlossenen Liebenden, den das Leben prompt mit einer asketischen Dichterexistenz bestraft.
Der Autor Joseph Victor von Scheffel (1826-1886) verwob in seinem Roman alles, was ihm mit 28 Jahren zu schaffen machte: seine profunden Kenntnisse über Alltagsleben in Klöstern und Burgen am mittelalterlichen Bodensee, seine Lust zum kühnen Spiel mit akademischer Geschichte, den höchst privaten Schmerz einer Liebesabweisung und seine Lust, eine staatliche Laufbahn gegen eine freiere Dichterexistenz zu vertauschen. Er brachte das so gekonnt in sein Buch, dass es jahrzehntelang zum meistgelesenen historischen Roman wurde - 90 Auflagen!