Band 143: Judith von Friedrich Hebbel. Reihenvorstellung der Königs Erläuterungen
15. April 2016 15:59:17 CEST
Reihenchronik, 143. Teil - Blick ins Buch: ein weiteres Hebbel-Werk erschien in unserer Reihe: Judith.
Der arme Hebbel hat es schon seit einiger Zeit nicht leicht in den deutschen Schulen. Gerade noch so hält sich seine Maria Magdalena im Schulkanon, aber seit Franz-Xaver Kroetz zu diesem Stoff ebenso eine Bearbeitung veröffentlichte, wird es auch hier immer enger. Da schauen wir doch lieber einen Blick in die gute alte Zeit als mehrere Hebbel-Werke bei uns in der Reihe waren und bestimmt mit Begeisterung gelesen wurden, oder?
Der Judith-Band konnte sich wie schon der Agnes Bernauer-Band gleich ein großer Nachfrage erfreuen und so wurde es bis in die immer wieder 40er Jahre aufgelegt. Bereits aber in den 1950er Jahren konzentrierte man sich in den Schulen nur auf bestimmte Werke wie Agnes oder der Maria und somit trat Judith immmer mehr in den Hintergrund. Unser Verlag versuchte es daher mit einem Sammelband mit mehren Werke und so entstand in den 60er Jahren die Bandnummer 143/144. Neben Judith fügte man noch Gyges und sein Ring (KE 86) sowie Herodes und Mariamne (KE 122) hinzu. Ein großer Erfolg wurde er zwar nicht, aber immerhin blieben die Werke bis in die 70er Jahre in unserer Reihe und verweilen seitdem im Ruhestand.
Inhaltlich geht es dramatisch zu:
Die schöne und gottesfürchtige Witwe Judith geht unbewaffnet in das Heerlager des Holofernes, den sie mit dessen Schwert enthauptet, um ihr Volk zu retten. Die Geschichte ereignet sich bei der Belagerung der Stadt Bethulien durch die Truppen Nebukadnezars.
„Die Judith der Bibel kann ich nicht brauchen. Dort ist Judith eine Witwe, die den Holofernes durch List und Schlauheit in’s Netz lockt; sie freut sich, als sie seinen Kopf im Sack hat und singt und jubelt vor und mit ganz Israel drei Monde lang. Das ist gemein; eine solche Natur ist ihres Erfolgs gar nicht würdig [...]. Meine Judith wird durch ihre That paralysirt; sie erstarrt vor der Möglichkeit, einen Sohn des Holofernes zu gebären; es wird ihr klar, daß sie über die Gränzen hinaus gegangen ist, daß sie mindestens das Rechte aus unrechten Gründen gethan hat.“ (aus Hebbels Tagebüchern:1872). Das Drama in fünf Akten ist übrigens im Jahre 1840 uraufgeführt worden.
Unser Autor schreibt (es ist übrigens wieder einmal unser Schuldirektor Richard Stecher): "Hebbels Judith ist ein Jugendwerk mit allen Vorzügen und Schwächen eines solchen. Eine üppige, zuweilen groteske Phantasie, ein hinreißender Schwung und große dramatische Spannkraft, aber auch eine phantastische Erotik, die etwas von Treibhaustemperatur an sich hat, und vor allem die mangelhafte Zeichnung eines großen, geistigen imponierenden männlichen Chrarakters sind in dem Werke erkennbar." Wenn das mal nicht Lust auf mehr macht.
Hebbel selbst schreibt entusiastisch über die Entstehung seines ersten Dramas: "Mit meiner Tragödie geht er herrlich, ich schreibe täglich daran fort und machte heute die Hauptszene, von der ich glaube, daß sie sich nicht zu schämen braucht, man mag neben sie stellen, was man will." Hört, hört...!